Die 62 Mitglieder des Kreistags haben in ihrer Sitzung am 9. März 2015 in der Burg Seevetal eine gemeinsam verfasste Resolution einstimmig über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg beschlossen, hier der Wortlaut:
„Der Kreistag des Landkreises Harburg fordert eine weitgehend kostendeckende finanzielle Ausstattung für seine Aufgaben der Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Deshalb beauftragt der Kreistag den Landrat, beim Bund, dem Land Niedersachsen und über andere Institutionen, wie den Kommunalen Spitzenverbänden, mit allem Nachdruck darauf hinzuwirken, dass der Landkreis dafür finanziell ausreichend ausgestattet wird und dass sich die Abgeltungsbeträge zudem an der tatsächlichen Anzahl der aktuell Unterzubringenden bemessen.“
In der Begründung des Resolutionsantrags wird zunächst betont, der Landkreis leiste gern seinen Beitrag zu der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen. Im Anschluss werden dann die aktuellen Folgen für den Haushalt des Landkreises bei Wahrnehmung dieser Aufgabe erläutert. Demnach führt die derzeitige Zuweisungspraxis von durchschnittlich 24 Personen pro Woche für den Landkreis bis Jahresende 2015 zu einer Nettobelastung von weit über 19 Millionen Euro.
Um den Haushalt überhaupt noch ausgleichen zu können, seien einschneidende Kürzungen von Investitionen in Schulbauten und Kreisstraßen sowie die Erhöhung der Kreisumlage um drei Prozent notwendig, die wiederum von den Gemeinden nur durch weitere Kürzungen oder Steuererhöhungen kompensiert werden könnte.
Die vom Bund angekündigte Sonderleistung von 500 Millionen Euro würde für den Landkreis mit 1,5 Millionen Euro nur eine geringe Entlastung bringen. Auch das Land Niedersachsen erstattet derzeit weniger als die Hälfte der tatsächlich anfallenden Kosten für Asylbewerber, und das auch nur auf einer zeitverzögerten Berechnungsgrundlage der deutlich niedrigeren Zuweisungsquote von 2012/13.
Durch diese Entwicklung bestehe die Gefahr, dass die in den letzten Monaten in weiten Teilen der Bürgerschaft aufgebaute und gelebte Willkommenskultur für Asylbewerber und Flüchtlinge erheblichen Schaden erleidet. Die Begründung mündet in einem Appell der Kreistagsmitglieder: „Wir sind der Auffassung und fordern, dass die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen ein gesamtgesellschaftliches Anliegen ist und die Lasten gerecht im Rahmen der Leistungsfähigkeit auf Bund, Land und Kommunen verteilt werden müssen.“
Landrat Rainer Rempe folgte dem Auftrag des Kreistages in dieser Woche mit einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darin verweist er auf die Resolution und bittet die Kanzlerin, darauf hinzuwirken, dass die Landkreise die erforderliche finanzielle Ausstattung für diese Aufgabe erhalten. Mit ähnlichen Schreiben wandte sich der Landrat auch an Ministerpräsident Stephan Weil sowie an die Landtags- und Bundestagsabgeordneten des Landkreises. Kommunale Spitzenverbände wie der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund oder der Niedersächsische Landkreistag sind weitere Adressanten der Resolution.
„Es kann nicht sein, dass wir bei der Bewältigung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe im Regen stehen gelassen werden und wir dadurch unserer finanziellen Handlungsmöglichkeiten beraubt sind“, betont Rempe. „Wir fordern daher auch von Bund und Land Solidarität und eine annähernd kostendeckende finanzielle Ausstattung für die Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge.“