Die Geschichte von Neu Wulmstorf
Neu Wulmstorf dehnt sich mit einem Gemeindegebiet von 56 Quadratkilometern von Ost nach West zwischen Hamburg und Buxtehude, von Nord nach Süd zwischen Moor und Geest aus. Die Maximalentfernung zwischen Rübke und Rade, den beiden äußeren Ortsteilen, beträgt 14 Kilometer, der Höhenunterschied zwischen Rübke mit - 0,5 m NN und Rade mit 111,9 m NN macht 112,4 m aus. Mit mittlerweile mehr als 22.800 Einwohnern hat Neu Wulmstorf längst den "dörflichen" Schatten verlassen.
Bis 1835 gab es ein "Neues Wulmstorf" überhaupt noch nicht. Bekannt waren bis dahin die altehrwürdigen traditionellen Dörfer Rade und Mienenbüttel (1015 erstmals urkundlich erwähnt), Ohlenbüttel (1105), Ardestorf und Wulmstorf (1197), Elstorf (1231), Rübke (1236) und Schwiederstorf (1355).
Wulmstorf wurde erstmals 1197 in einer Schenkungsurkunde der "Nobiles von Buxtehude" an das Alte Kloster in Buxtehude erwähnt, der Name leitet sich von dem Rufnamen "Wolmar" oder "Wulfmar" ab.
Die urkundliche Erwähnung eines Ortes sagt aber nichts über das tatsächliche Alter des Ortes aus. Die Besiedelung des Gemeindegebietes von Neu Wulmstorf geht in die Bronzezeit zurück (= 1200 - 700 v. Chr.). Sichtbare Reste dieser Besiedelung gibt es bis heute am Wegesrand zwischen Wulmstorf, Daerstorf und Ketzendorf im Form von Grabhügeln. Bei der Abtragung bzw. Ausbeutung von Sand- und Kiesgruben fanden sich Reste dieser früheren Siedlungen, Tonscherben der jüngeren Bronzezeit und Keramik aus der älteren römischen Eisenzeit. Systematische Grabungen nach 1989 brachten Hausgrundrisse zutage aus der Zeit der jüngeren Bronzezeit und der älteren römischen Eisenzeit (= um 700 v. Chr. - 700 n. Chr.), zahlreiche Gräberfelder und mehrere Einzelgräber. Sogar Spuren gewerbsmäßiger "Eisenverhüttung" wurden entdeckt. Aus den Funden geht hervor, dass diese Siedlung bis in die Römerzeit bewohnt war. Hinweise darauf, warum diese Siedlung dann aufgegeben wurde, fehlen allerdings noch. Weitere Funde weisen darauf hin, dass sich im selben Bereich eine weitere, im 7. Jahrhundert entstandene Siedlung entwickelt hat. Es wurden Holzüberreste eines Brunnens gefunden, deren Analyse eine Datierung auf das Jahr 770 n. Chr. erbrachte.
Erst 1835 begann die Besiedelung der Moor- und Heideflächen, die als Allmendeflächen zu den umliegenden Dörfern Wulmstorf, Elstorf und Daerstorf gehörten. Im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert wurde durch Spezialteilung, Verkoppelung und die Ablösung der Grundherrschaft eine Neuverteilung der Landflächen möglich. Dadurch, dass die Bauern nun über eigenes Land verfügten, konnten sie dieses auch nach eigenem Ermessen verteilen und Söhne und Töchter der Höfe mit Land abfinden, die sich dann selbständig machten - "anbauten".
Zu den ersten Anbauern im späteren Neu Wulmstorf gehörte Peter Lohmann aus Daerstorf, der bisher als Knecht oder Pächter in Wulmstorf seinen Lebensunterhalt verdient hatte. Im Jahre 1835 siedelte er sich vier Kilometer nördlich von Wulmstorf, nahe der Chaussee zwischen Harburg und Stade, auf unkultiviertem Heideland an.
Im Laufe der nächsten Jahre gesellten sich immer mehr Nachbarn an seine Seite, so dass Haus um Haus ein "Neues Wulmstorf" entstand, als Verwaltungseinheit weiterhin zum Kernort Wulmstorf gehörend.
Im Jahre 1889 wurde ein eigenes Schulhaus in Neu Wulmstorf gebaut, für zunächst eine Klasse, nach einem Umbau 1926 für zwei Klassen.
Durch den Bau der Bahnlinie Harburg - Cuxhaven 1880/1881 bekam Neu Wulmstorf 1905 einen eigenen "Eisenbahnhaltepunkt", den späteren Bahnhof Neu Wulmstorf.
Seit 1891 wird am Wesenberg, einem Geestberg am Rande des Elbe-Urstromtales, Sand- und Kiesabbau betrieben, 1924 wurde Neu Wulmstorf elektrifiziert, die Einwohnerzahl stieg stetig an, von 15 im Jahre 1841 auf 565 im Jahre 1939.
Obwohl sich die neue Ansiedlung Neu Wulmstorf, wegen der vielen Füchse von den Bewohnern "Voßhusen" genannt, stetig vergrößerte, erfolgte eine große Zuzugswelle jedoch erst nach den Großangriffen auf Hamburg durch die Aufnahme von Ausgebombten und nach 1945, als durch Flucht und Vertreibung viele Menschen nach Neu Wulmstorf kamen, in der Hoffnung, sich hier ansiedeln zu können, da noch genügend Land dafür zur Verfügung stand, so dass Neu Wulmstorf 1947 bereits 1100 und zehn Jahre später schon 3500 Einwohner zählte, für die Wohnraum geschaffen werden musste.
1948 bekam Neu Wulmstorf einen eigenen Bürgermeister, und 1955 konnte ein erstes Verwaltungsgebäude bezogen werden. Seit 1958 ist Neu Wulmstorf Kirchort, hat ein Standesamt und einen Friedhof. Hauptamtlich wurden die Verwaltungsgeschäfte ab 1961 durch einen Gemeindedirektor geführt.
Auf dem ehemaligen Wehrmachtsgelände südlich der Bundesstraße 73 entstand ab 1950 eine vorbildliche Siedlung, die "Heidesiedlung", mit einer neuen größeren Schule, Geschäften, einem Schwimmbad und einer Minigolfanlage.
Ab 1955 wurden Straßennamen vergeben, 1956 trat die Gemeinde dem Müllabfuhrzweckverband Buchholz bei, 1957 wurde die gesamte Ortschaft an die Hamburger Wasserversorgung angeschlossen, seit 1998 sind 99% aller Haushalte des Ortes an das öffentliche Abwassernetz angebunden; 1968 erhielten die ersten Straßen Beleuchtung.
Die politische Gemeinde Wulmstorf wurde 1965 in "Neu Wulmstorf" umbenannt und führt seither ein Gemeindewappen, es zeigt eine blaue Spitze mit silbernem Kreis auf goldenem Schild. Die blaue Spitze symbolisiert das Aufstreben der Gemeinde, der silberne Ring Verkehr und Bewegung, als Antrieb für das Aufstreben der Gemeinde. Die Farben Gold, Blau und Silber sind dem Wappen des Kreises entnommen und deuten auf die geographische Lage der Gemeinde hin.
Mit der Gebietsreform und dem "Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden" vom 1.7.1972 erfolgte die Gründung der Einheitsgemeinde Neu Wulmstorf. Zu Neu Wulmstorf kamen, nachdem sich bereits im Jahre 1970 Daerstorf Neu Wulmstorf angegliedert hatte, die bisher unabhängigen Gemeinden Elstorf mit Ardestorf, insgesamt 1326 Einwohner, Schwiederstorf mit 479 Einwohnern, Rade mit Mienenbüttel und Ohlenbüttel, insgesamt 428 Einwohner, Rübke mit 356 Einwohnern und die Enklave Tempelberg mit 48 Einwohnern. So stieg die Einwohnerzahl Neu Wulmstorfs durch die Eingemeindungen von 8779 Einwohner auf 11416 Einwohner. Das Gemeindegebiet vergrößerte sich auf 55,40 qkm.
In den Jahren nach 1972 prägte rege Bautätigkeit Neu Wulmstorf: Errichtet wurde ein neues Rathaus, das den erweiterten Verwaltungsaufgaben gerecht werden konnte, neue Wohnquartiere entstanden mit Mehrfamilienhäusern, Reiheneigenheimen und Einfamilienhäusern, Straßen wurden neu angelegt, ausgebaut oder erweitert, ein Schulzentrum mit Grund-, Haupt- und Realschule, Orientierungsstufe, Gymnasium und anschließendem Hallenbad gebaut, zahlreiche Kindergärten eingerichtet. Seit 1984 gibt es mit dem Einkaufspark "Voßhusen" eine zentrale Einkaufsmöglichkeit mit vielen Geschäften. Mit dem dritten Rathausneubau 1989 entstand ein moderner Bau für Verwaltung und Gemeindebücherei, der zusammen mit dem seit Ende 2000 bezogenen Markt-Platz-Center, das Geschäfte, Gastronomie, Wohnungen, und ein Pflegeheim umfasst, das Zentrum des Ortes bildet.
Das verkehrsgünstig gelegene Gewerbegebiet an der B 73, unweit der Autobahn, in der Nähe zu Hamburg, das sich stetig erweitert, macht Neu Wulmstorf zu einem begehrten Gewerbestandort. Ein breites Spektrum Gewerbetreibender hat sich dort angesiedelt. Seit 1977 sorgt ein engagierter Gewerbeverein mit Veranstaltungen und Anregungen für die Belebung des gewerblichen Bereiches im Ort. Auch in den Ortsteilen ist Gewerbe vertreten, wobei es sich vorwiegend um alteingesessene Familienbetriebe handelt.
Seit 1991 sind Neu Wulmstorf und Ungarn partnerschaftlich verbunden, die Partnerstadt ist Nyergesújfalu. Zahlreiche Vereine und Vereinigungen aus den Bereichen Sport, Kunst, Kultur, Religion, Politik und Soziales prägen das gesellschaftliche Leben des Ortes mit seinen inzwischen mehr als 22.800 Einwohnern. Mit Bücherei, Volkshochschule, Archiv, Jugendzentrum, Frei- und Hallenbad, Sportzentrum, Schießsportanlage und Kino verfügt Neu Wulmstorf über beliebte und gern besuchte Kultur- und Freizeiteinrichtungen.
Seit Oktober 2000 wird die Einheitsgemeinde Neu Wulmstorf von einem direkt gewählten Bürgermeister geführt, entsprechend des reformierten niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts.
Mit seiner Nähe zu Hamburg, zum Alten Land, dem größten zusammenhängenden Obstanbaugebiet Europas mit den mittelalterlichen Hansestädten Stade und Buxtehude, zur Lüneburger Heide und den Harburger Bergen, ist Neu Wulmstorf auch durchaus ein attraktives Reiseziel.